Aufmaß-Drohnen: Zukunft oder Spielerei?

von Christof Steinhoff, 18.12.2019

Fortschritt durch digitale Bauvermessung ist ein Zukunftsthema

Der technische Fortschritt schreitet unaufhörlich und immer schneller voran. Und das in allen Lebenslagen und wirtschaftlichen Branchen. Was gestern noch innovativ und aktuell war, kann morgen bereits veraltet sein. Auch im Landschaftsbau kommen immer wieder digitale Neuerungen auf Unternehmen zu und nur wer sich darauf einlassen kann, wird seinen Erfolg auch in Zukunft halten und sogar steigern.

Das Wesen der Bauvermessung zählt ebenfalls zu den Bereichen, welche ständig weiterentwickelt und digitaler werden. Heutzutage lässt sich nicht mehr nur mit Zollstock, Bandmaß, Tachymeter (Totalstation) oder per GNSS-Empfänger aufmessen, sondern auch speziell ausgerüstete Drohnen werden für Baustellenaufmaße eingesetzt. Diese Technik wird eine Zukunft haben. Immer mehr Unternehmen und Vermessungsbüros beschäftigen sich bereits mit dieser Thematik. Doch wie vorteilhaft und lohnenswert ist eine Anschaffung für (Landschaftsbau-) Unternehmen? Wir geben einen Überblick über Arbeitsweisen und beleuchten die Vor- und Nachteile. 

 

Technisches Know-How ist die Grundlage

Mit der Anschaffung einer Drohne setzt man sich in der Regel das Ziel, große und schwer zugängliche Flächen exakt aufmessen zu können. Es ist jedoch ein Irrglaube zu denken, man kauft sich eine Drohne und los geht’s. Das erforderliche technische Know-How sollte nicht unterschätzt werden. Der Umstieg bzw. Aufstieg von der Totalstation oder der GNSS-Vermessung zur Drohne erfordert ein grundsätzliches Umdenken. Weg von der Einzelpunktmessung, hin zu großen Punktwolken. In der Einzelpunktvermessung bekommt jeder aufgenommene Punkt Koordinaten, Höheninformationen, Nummern und Codierung zugewiesen. Die Auswertung ist realtiv einfach, wenn man anhand der Codierung erkennen kann, ob es sich bei dem Punkt beispielsweise um einen Bordstein oder eine Böschungskante handelt.Punktwolken erfassen keine Punktcodes, sondern neben den Koordinaten und Höhen, Attribute wie Farbwerte, deren Intensität oder Texturen. Als Ausgabeprodukt kann man 3D-Modelle, Punktwolken oder lediglich Orthophotos erhalten. Je nach Geländeoberfläche entstehen so schnell hunderte Millionen Punkte. Dabei nimmt nicht die Drohne selbst die Punkte auf, sondern die verbaute und hochauflösende Fotokamera.

 

Welche Techniken sind möglich?

Man muss sich deshalb im Klaren darüber sein, was man aufmessen möchte, welche Daten man benötigt und auf welche Punkte oder Geländeecken verzichtet werden kann. Eine vorausgehende Flugplanung und Vorbereitung ist in jedem Fall notwendig. Diese Art des Aufmaßes nennt sich Photogrammetrie – Ein klassisches Gebiet aus der Vermessungslehre. Die verbaute Kamera nimmt regelmäßig sich überlappende Fotos auf und berechnet anhand dieser und mit Hilfe des Winkels sowie der GPS-Positionierung den jeweiligen Punkt. Beispielsweise lassen sich mit einer 35 Megapixel Kamera in einer Höhe von etwa 100 m eine spätere Punktgenauigkeit von ca. 2 cm erreichen. Dabei entspricht ein Bildpixel etwa 14 mm am Boden.

Voraussetzung für ein genaues Aufmaß sind allerdings nicht nur Fotos. Neben der GPS-Genauigkeit muss auch die Kamerageometrie exakt eingestellt sein. Das bedeutet kein Autofokus, kein Zoomobjektiv und die Nutzung von Objektiven mit wenig Linsenverzerrungen. Vermeintliche „Kleinigkeiten“ wie Kameragewicht, Schnelligkeit der Speicherkarte oder Belichtungszeit spielen ebenfalls eine Rolle. Kleinste Fehler oder falsche Einstellungen wirken sich sofort negativ auf die Messergebnisse aus, welche das Aufmaß unbrauchbar machen können. Eine spezielle Software wird benötigt um die aufgenommenen Ergebnisse zu bearbeiten, zu filtern, zu klassifizieren und nutzbar zu machen. Im Gegensatz zur Einzelpunktmessung gilt hier: Lieber zehn Punkte mehr rausfiltern, als einen zu wenig. Koordinaten und Kamerakalibrierung bilden die Grundlage für die höchstmögliche Punktübereinstimmung am Computer.Auch hier ist es unabdingbar, die Software beherrschen und steuern zu können. Andernfalls reichen die Ergebnisse höchstens für Visualisierungszwecke, jedoch nicht für Vermessungsaufgaben.

 

Nicht nur Aufmaße sind möglich

Es lassen sich natürlich nicht nur Aufmaße erstellen, auch zur Dokumentation des Baufortschritts, zur Beweissicherung oder Vorher-Nacher-Bilder als Referenz können erstellt werden. Eine Aufmaßdrohne zum Firmeninventar zählen zu können,  ist mit Sicherheit „nice to have“, es sollte aber gewährleistet sein, dass die Drohne sinnvoll und regelmäßig eingesetzt wird. Die Gedankenspiele und eine letztendliche Einsatzplanung muss weit vor dem eigentlichen Kauf beginnen. 

Die Vorteile liegen auf der Hand

Bei Überfliegungszeiten von 2-3 ha in 5 Minuten verringert sich die Außendienstzeit im Gegensatz zu Aufmaßen mit Tachymeter um ein Vielfaches. Die Nachbearbeitung darf dabei jedoch nicht außer Acht gelassen werden. Die Chance mit Hilfe von Fotos detailgetreue (3D-)Abbildungen der Realität zu generieren ist sehr faszinierend und wird in Zukunft nicht mehr wegzudenken sein. Auftraggeber bekommen die Möglichkeit ihre Projekte, je nach Intensität der Bearbeitung, virtuell zu betrachten und aufgemessene 3D-Daten zur eigenen Verwendung weiterzuverarbeiten.

Inwieweit Landschaftsbauunternehmen mit dieser Technik arbeiten wollen, hängt grundsätzlich vom Aufgabenspektrum des jeweiligen Unternehmens ab. Hierbei sind große Landschafts- und Erdbauprojekte besser geeignet als kleine und verwinkelte Bauvorhaben. Der Kosten-Nutzenfaktor sollte jedoch immer gut abgewogen werden.

Text: Christof Steinhoff / Bild: AdobeStock

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