Die Fichte - „Brotbaum“ der deutschen Forstwirtschaft

von Dirk Binnewies, 24.04.2019

"Willst du deinen Wald vernichten, pflanze Fichten, nichts als Fichten."

So lautet ein plakativer Spruch über eine Baumart, die einerseits wie keine Zweite für die Wiederbewaldung im 18. und 19. Jahrhundert (Deutschland war zu dieser Zeit weitestgehend devastiert und entwaldet) und wirtschaftlich mit jährlich ca. 4 Mrd. Euro an der forstwirtschaftlichen  Gesamtrechnung als Baumart weit an erster Stelle steht, und andererseits als „Monokultur-Horror“ ein Synonym für Sturm- und Borkenkäferkalamitäten und verarmte Biotopstruktur ist. Diese Polarisation war auch ein Grund dafür, warum die Fichte 2017 zum Baum des Jahres ausgerufen wurde (weitere Informationen finden Sie hier).

Ohne menschliches Zutun wäre die Fichte (Picea abies) in unseren Breiten fast ein Exot. Als Baum der borealen Klimazone (Taiga) würde man ihn nur oberhalb von 1000 Metern bestandsbildend antreffen. Das natürliche Verbreitungsgebiet der Fichte zieht sich von Skandinavien über die baltischen Länder bis zum Ural.  

Tatsächlich aber stockt die Fichte auf über einem Viertel unserer Waldfläche (knapp 3 Mio. Hektar). Aufgrund ihres geraden, fast schon genormten Wuchses und positiven Holzeigenschaften ist die Fichte als Möbel- und vor allem Bauholz sowie als Industrieholz (z. B. für Spanplatten oder Papierholz) für die holzverarbeitende Industrie überaus attraktiv. Für Fichtenholz von guter Qualität wird dem Waldbesitzer zurzeit ca. 90€ pro Festmeter (Kubikmeter) bezahlt.

Die Bedeutung der Fichte für den Forstsektor als Urproduzent und Rohstofflieferant für die weiterverarbeitenden Holzindustrie mit insgesamt 1,1 Mio. Beschäftigten und 178 Mrd. Euro Umsatz kann nicht hoch genug eingeschätzt werden.  

Reine Fichtenbestände sind ertragreich als auch risikoreich. Zuwächse von über 15 Festmetern pro Jahr und Hektar sind die Regel. Allerdings setzten Trockenstress die flachwurzelnden Bäume zunehmend unter Druck. Der besagte Borkenkäfer hat dann leichtes Spiel. Nach Orkanereignissen gehen regelmäßig Bilder von flächig geworfenen Fichtenwäldern um.  

Mit der Umsetzung waldbaulicher Erkenntnisse aus der Forstwissenschaft gibt es deutliche Anstrengungen im Staats-, Kommunal- wie auch im Privatwald die Fichten-Monokulturen in naturnahe, stabile, zukunftsfähige und ertragreiche Mischwälder umzubauen.   

Und übrigens: Wenn Sie oder ihre Kinder hoffentlich bald mal wieder einen Waldspaziergang unternehmen und einen „Tannenzapfen“ finden, können Sie sicher sein, dass es sich um den Zapfen einer Fichte handelt. Die Samenstände der Tanne zerbröseln in der Krone.

Text: Dirk Binnewies / Bild: AdobeStock

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